AUF DEN SPUREN DER LÖWEN
SAFARI IM MAKGADIKGADI NATIONALPARK, BOTSWANA
Ich kann es spüren, ich kann es riechen, ich kann es schmecken – ich habe es wieder in mir, dieses einzigartige Gefühl, diese Stille, diese Vertrautheit. Ja, ich bin wieder zurück! Endlich wieder da! Zurück in Afrika!
„Dumela mma, Kathrin“, so werde ich von meinem Guide Patrick an der Landebahn des Leroo la Tau Camps mit einem freundlichen Lächeln empfangen. In nur 20 Minuten fährt er uns vom Airstrip zur Lodge, die am ausgetrockneten Boteti Fluss, dem Grenzfluss zum Makgadikgadi Nationalpark liegt.
Was sagte ich gerade? Am ausgetrockneten Boteti Fluss? Das ist weit gefehlt. Der Blick, der sich mir nach der Begrüßung auf der Veranda der Lodge bot, war einfach einmalig.
Von wegen ausgetrocknet! Seit August 2009, so unser Guide, fließt der Fluss aufgrund der starken Regenfälle in der letzten Regenzeit wieder! Und das hat das tierische Treiben im und um den Fluss extrem beeinflusst.
So stehe ich nun auf der Veranda und mein Blick erstreckt sich über einen etwa 100 Meter breiten und vor allem fließenden Fluss. Wie für uns bestellt, sehen wir dann auch eine Zebraherde, die sich auf der anderen Uferseite gerade ihren Weg zum Fluss bahnt. Schön in einer Reihe und den Blick starr auf das feuchte Nass gerichtet, haben die ersten ihr Ziel erreicht und beginnen zu trinken. In einer schier nicht enden wollenden Karawane kommen immer mehr Zebras an den Fluss und trinken friedlich miteinander. Nach 80 Zebras gebe ich dann das Zählen auf! Nach etwa 10 Minuten haben dann alle ihren Durst gestillt und machen sich so schnell wie sie gekommen waren auch wieder auf den Rückweg und verschwinden im Dickicht des nahen Busch.
Und als ob diese tierische Begrüßung nicht genug wäre, schwimmen auch noch zwei Hippos vorbei und gönnen uns einen kurzen Blick aus Ihren kleinen wachsamen Augen, bevor sie wieder untertauchen.
Nach diesem Willkommengruß freue ich mich noch mehr auf die kommenden zwei Tage im Makgadikgadi Nationalpark.
Wie war das? Mak…ähm…Makgadi…ähm…Makgadikgadi Nationalpark! Ich frage mich, wer kommt auf die Idee einem Nationalpark einen dermaßen schwer auszusprechenden Namen zu geben! Der Park selbst misst ca. 4.900 km² und hat seinen Namen von der 16.000 km² großen Makgadikgadi Salzpfanne. Das entspricht in etwa der Größe von Belgien und somit ist diese Salzpfanne die größte der Welt. Vor 30.000 Jahren war diese Gegend ein riesiger Inlandsee, der nach und nach ausgetrocknet ist. Zurück blieben eine riesige Salzpfanne und eine schier endlos erscheinende Gegend gespickt mit Baobabs und wilden Sträuchern. Die perfekte Heimat für unzählige Zebras, Gnus, Strauße, Oryxantilopen und Springböcke.
Wir werden zu unserem Chalet gebracht und können auch von hier den Boteti überblicken. Daher verbringen wir unsere Siesta auf der schattigen Terrasse. Auch einige Impalas am gegenüberliegenden Ufer tun es uns gleich und entspannen im Schatten! Leises Vogelgezwitscher, das Zirpen der Zikaden und das Rauschen der Bäume im Wind lassen mich langsam eindösen. Und meine Gedanken schweifen ab. Kann man einen Nachmittag entspannter verbringen?
Pünktlich für unsere Sundownerfahrt holt uns Patrick ab und wir fahren eine kurze Strecke bis zum Anlegeplatz der Boote. Unter den Blicken einer aufmerksam gewordenen Straußenfamilie steigen wir ins Boot, verlassen das Ufer und fahren rasant auf dem Boteti in Richtung Norden. Wir genießen den kühlen Fahrtwind, der uns ein wenig Abkühlung an diesem heißen Nachmittag verschafft.
Nichts ahnend fahren wir um eine langgezogene Kurve und plötzlich erblicken wir sie. Ich kann es gar nicht glauben. So nah habe ich sie noch nie gesehen. Wir sind nur etwa 20 Meter von ihnen entfernt. So aus der Nähe betrachtet kann ich sagen…sie sind groß. Wirklich groß. Riesen groß.
Sicherlich haben Sie schon eine Vermutung, wen wir hier getroffen haben, oder? Genau, Elefanten. Und zwar vier an der Zahl. Ein fünfter bahnt sich gerade am steilen Flussufer seinen Weg hinunter zu den anderen. Gespannt beobachten wir, wie er Schritt für Schritt und in einem, für den steilen Abhang, beachtlichen Tempo schließlich auch im Boteti ankommt.
Schnell schließt er sich dem Treiben der anderen an und beginnt mit seinem Rüssel Wasser aufzunehmen und es sich über den Rücken zu prusten. Zwei andere spielen zusammen im Wasser und tauchen immer wieder unter. Der dritte säuft ungestört ein wenig abseits der anderen und der vierte tut es seinem gerade angekommenen Kameraden gleich und beginnt sich mit Wasser zu bespritzen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass ich auf den Gesichtern der Elefanten Spaß ablesen kann. Aber vielleicht weiß ich es ja nicht besser?!
Wir freuen uns auf jeden Fall, dieses Schauspiel gesehen zu haben und wollen die Elefanten bei ihrem Bad nicht länger stören und machen uns weiter auf den Weg zu unserem eigentlichen Ziel, dem Makgadikgadi Nationalpark. Nach weiteren zehn Minuten Fahrt legen wir mit unserem Boot an und steigen in unsere Wildbeobachtungsfahrzeug um. Und schon geht es weiter. Wir fahren am Ufer entlang und begegnen nach wenigen Metern zwei Giraffen, die unseren Weg kreuzen. Sie würdigen uns eines kurzen interessierten Blickes und setzen ihren Weg fort. Nach kurzer Zeit sind sie im Busch verschwunden. Wir tun es ihnen gleich und verlassen das Ufer des Boteti und dringen weiter in den Busch vor – gespannt, was uns an diesem viel versprechenden Nachmittag noch alles erwartet.
Unser Guide Patrick verspricht uns Großes. Seit gestern treibt sich nämlich eine Gruppe von fünf Löwen in der Gegend herum. Löwen!?…damit hat Patrick unser Interesse sofort geweckt. Mit Argusaugen schauen wir unter jeden Busch und lauschen gespannt jedem Geräusch. Es könnte ja ein Löwe sein, oder sogar zwei oder gleich alle fünf. So fahren wir also seit etwa einer Stunde durch den Busch, immer auf der Hut. Bis jetzt hat sich allerdings noch nichts annähernd löwenähnliches blicken lassen. Aber Patrick macht uns Mut: „I feel it, today is a good day for lions“. Ob er Recht behalten wird? Ich kann Ihnen sagen, er wird!
Ich habe schon fast nicht mehr daran geglaubt, doch als wir wieder in Richtung Boteti fahren, steht sie plötzlich vor uns. Mitten auf der Straße. So als ob sie auf uns gewartet hätte. Eine Löwin, eine wunderschöne stolze Löwin. Wir können uns an ihr gar nicht satt sehen. Sie sich an uns wohl auch nicht, denn sie setzt sich vor unserem Auto mitten auf die Straße und scheint auf etwas zu warten.
Da erinnere ich mich, was Patrick vorhin zu uns gesagt hat. Es treiben sich fünf Löwen in der Gegend herum. Ich kann jedoch auch wenn ich noch so angestrengt schaue, beim besten Willen nur eine Löwin entdecken. Von einem Moment auf den anderen steht die Löwin auf und blickt mit ihren goldenen Augen nach rechts. Was mag sie wohl sehen? Wir folgen ihrem Blick und schauen und schauen und plötzlich…kann das denn wirklich sein? Gebannt blicke ich in den nahen Busch und dann sehe ich sie. Ganz deutlich. Irrtum ausgeschlossen.
Langsam und elegant bahnt sich eine weitere Löwin ihren Weg hinaus aus dem Dickicht und gesellt sich zu ihrer Gefährtin. „This are mother and daughter“, klärt uns unser Guide auf. Mit einem Blick in unsere Richtung machen sich die beiden zielsicher auf den Weg zum Flussufer, das sich in etwa fünf Meter Entfernung auf unserer rechten Seite befindet. Sie lassen sich nieder und beginnen zu Trinken. Ganz gespannt von diesem Anblick, muss uns erst Patrick darauf aufmerksam machen, dass sich auf unserer linken Seite etwas anbahnt.
Sie wissen doch, die Gruppe besteht eigentlich aus fünf Löwen. Also fehlen noch drei. Bestimmt können Sie sich jetzt vorstellen, was jetzt kommt! Genau, von unserem Fahrzeug aus können wir beobachten, wie sich auch die letzten drei Löwen mit schnellen Schritten dem Flussufer nähern und nach wenigen Augenblicken bei den beiden Löwinnen ankommen. Nun sitzen und liegen also drei Löwinnen, laut Patrick, Mutter und die beiden Töchter, sowie der Sohn und ein weiterer Löwe vor uns und beobachten uns immer abwechselnd mit ihren durchdringenden Augen. „Jetzt wird`s spannend“, kommt es von unserem Guide. Und auch wir bemerken, dass die Löwen ein wenig unruhig werden.
Gespannt blicken wir in die Richtung, in die Patrick zeigt und sehen in etwa 300 Meter Entfernung eine Gruppe Zebras, die gerade genüsslich grast. Nichts ahnend, dass sich in unmittelbarer Nähe gerade fünf hungrige Löwen befinden. Schnell ist klar, was die Löwen planen und wir sind mitten drin, sitzen quasi in der ersten Reihe.
Da bei einem Löwen Rudel häufig die Löwinnen jagen, beobachten wir gespannt, wie sich auch bei dieser Gruppe die Frauen langsam in Richtung Zebras heranpirschen. Die beiden Löwen und auch wir beobachten aus sicherer Entfernung den Jagdversuch der drei „Mädels“. Ganz langsam und in geduckter Haltung versuchen die drei die Zebras einzukreisen und kommen ihnen so immer näher und näher. Sie sind jetzt vielleicht noch etwa 200 Meter von ihnen entfernt. Ein Blick durch das Fernglas zeigt uns, dass die Zebras rein gar nichts wittern.
Inzwischen haben wir eine Löwin aus dem Blick verloren, die sich von links hinten an die Zebras heranschleichen will und beobachten daher die beiden anderen, die sich jeweils hinter einen Busch in Lauerstellung gebracht haben. Noch ca. 150 Meter von den Zebras entfernt. Immer noch…sie wittern nichts. Gar nichts. Unsere Anspannung steigt, die der Löwen auch. Sie bewegen sich nicht. Beobachten nur ihre potentielle Beute. Die Zebras grasen weiter. Es liegt Spannung in der Luft. Man kann sie fast mit Händen greifen.
Doch dann…plötzlich…es tut sich was. Wie aus dem Nichts schießt eine Löwin in Windeeile aus Ihrem Versteck und sprintet auf die grasenden Zebras zu. Diese rennen, von diesem Angriff völlig überrascht, wild auseinander und versuchen zu entkommen. Die Löwin jagt weiter hinter einem der Zebras her. Man spürt förmlich die Panik der Tiere. Eine Staubwolke steigt auf. Wir verlieren, die Löwin aus den Augen. Fahren näher an das Geschehen heran. Da sehen wir auch schon, wie die Löwin schwer atmend zu ihren beiden Gefährtinnen zurückkehrt. Leider erfolglos.
Die Zebras haben es geschafft. Sie sind entkommen. Als die Löwin die anderen beiden erreicht hat, sinkt sie zu Boden und wir sehen, wie sich ihr Brustkorb schnell hebt uns senkt. Was für eine Jagd. Und wir waren mit dabei. Was für ein Erlebnis.
In der Zwischenzeit hat die Sonne bereits begonnen unter zu gehen und wir fahren zu einem idyllischen Plätzchen oberhalb des Boteti. Mit dem Blick auf die untergehende Sonne gerichtet und einem Gin Tonic in der Hand, lassen wir diesen ereignisreichen Tag gemütlich ausklingen. Die abendlichen Stimmen des afrikanischen Busches erwachen. Und nun können wir auch bestätigen, dass der Name der Lodge richtig gewählt wurde. Leroo la Tau – auf den Spuren der Löwen.