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DAS DESERT RHINO CAMP

DIE MAJESTÄTISCHEN NASHÖRNER IM DAMARALAND

„Wir müssen mucksmäuschenstill sein und dürfen nicht mehr sprechen, sonst hören sie uns!“ 

„Wir dürfen nur gegen die Windrichtung laufen, sonst riechen sie uns.“ 

Ein leichter Wind weht zu uns herüber, die Sonne steht hoch oben am Himmel und brennt zu uns herunter. Aloisius, unser Guide, nimmt ein wenig Sand in die Hand und lässt ihn durch seine Finger rieseln. „It’s ok“, so seine Einschätzung. Die Windrichtung stimmt. Das Nashorn wird uns nicht riechen. Na, hoffentlich!

Ein Glück, dass Aloisius uns so gut auf diesen Moment vorbereitet hat. Mit diesen zwei goldenen Regeln der Nashornsuche vor Augen, wagen wir uns noch einige Schritte näher an den grauen Koloss heran. Nashörner sind so gut wie blind. Dafür können die grauen Giganten hervorragend riechen und hören. Mir wird klar: Wenn jetzt der Wind dreht, haben wir ein echtes Problem.

Im Gänsemarsch gehen wir hinter unserem Guide her. Dieser folgt in einigem Abstand den beiden Fährtensuchern von der Organisation „Save the Rhino Trust“, deren rund 40 Mitarbeiter die Nashörner im unerschlossenen Nordwesten Namibias beobachten und beschützen. Und die Arbeit der Organisation lohnt sich: seit der achtziger Jahre hat sich die Population der Breit- und Spitzmaulnashörner in Namibia mehr als verdoppelt. 

Diese beiden waren es auch, die nach einer fast achtstündigen Suche, DIE Nashornspur gefunden haben, die uns schließlich hierher geführt hat.

Immer weiter entfernen wir uns von unserem Fahrzeug und dringen tiefer in die bizarre Landschaft aus Gesteinstrümmern, Kegelbergen und ausgetrockneten Flussbetten vor– wir befinden uns im Herzen des Damaralandes. 

Plötzlich wird die Anspannung der beiden Fährtensucher und auch unseres Guides deutlich. Mit einer schnellen Handbewegung machen uns die Tracker klar, dass wir hier stehen bleiben sollen. 

Dann erspähen wir das Tier. Es steht im Schatten eines Baumes und schaut genau in unsere Richtung - keine 80 Meter von uns entfernt. Unser Fahrzeug hingegen, befindet sich einen gut 15-minütigen Fußmarsch von uns entfernt. Wo sollen wir bloß hinlaufen, wenn das Nashorn uns gewittert hat und mit schnellen Schritten auf uns zu galoppiert? Wegrennen, ist hierbei mein erster Gedanke. Wenn man aber bedenkt, dass ein Nashorn 12,5 Meter pro Sekunde zurücklegen kann, wird dies ein ganz schön sportliches Unterfangen. 

Da halte ich mich doch lieber an den Grundsatz: „Whatever you do - don’t run!“ Und man muss ja auch nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, denn bis jetzt hat sich das Nashorn noch keinen Zentimeter bewegt.

Gebannt von seinem Anblick stehen wir einfach nur da und beobachten es. So majestätisch. So friedlich. So schwanger – denn die Nashornkuh Toutan ist trächtig und erwartet ihr Baby in etwa 3 Monaten. 

Wir verharren noch 10 Minuten in unserer Position und schießen fantastische Fotos. Dann merken wir, wie Toutan plötzlich nervös um sich schaut. Schnuppert, lauscht und dann langsam ihren schattigen Platz verlässt und von Dannen zieht. Das ist unser Zeichen zum Aufbruch. Langsam lösen wir uns aus unserer gespannten Haltung. Ausatmen! Geschafft!

Die beiden Fährtenleser tun ihre Arbeit: In ihrer Umhängetasche haben die beiden ihre unverzichtbaren Unterlagen und einen Erfassungsbogen mit dabei. Auf diesem notieren sie, um welches Nashorn es sich handelte, wo es gefunden wurde, wie sein Allgemeinzustand war und wie das Horn aussah. Dabei wird das Gewicht des Nashorns auf einer Skala von eins (schlank) bis fünf (sehr fett) kategorisiert.

Ich fand es nicht sehr charmant, dass der Tracker Toutan eine vier gegeben hat, schließlich sei sie doch schwanger, so mein bemühter Verteidigungsversuch. Daraufhin der Tracker: „Yes, she is pregnant, but also fat“. In einem Anflug von weiblicher Solidarität habe ich noch versucht, den Tracker auf eine “vollschlanke” drei für Toutan herunterzuhandeln – leider jedoch ohne Erfolg. Er blieb bei seiner „fetten“ vier.

Wieder zurück am Auto nahmen wir erst einmal einen großen Schluck aus unserer Wasserflasche und machten uns langsam auf den Weg zurück zum Desert Rhino Camp

Die Nachmittagssonne steht schon tief am Himmel und taucht das Damaraland in ein mystisches Licht. Ein paar Büsche hier, ein bisschen Gras da und immer wieder diese eindrucksvollen Bergformationen. Kaum vorstellbar, dass trotz dieser scheinbaren Dürre, das Damaraland mit seinen oasenartigen Flussbetten ein wahres Tierparadies ist. Wüstenelfanten, Löwen, Hartmann’s Bergzebras, Giraffen, Kudu, Oryx, ja sogar Geparden, Leparden gibt es hier. Nicht zu vergessen die Nashörner. 

Und unser Camp, das Desert Rhino Camp, liegt inmitten dieses kleinen Paradieses in der 450.000ha großen Palmwag Konzession.

Und dann – ein Krächzen im Funkgerät reist uns aus unseren Gedanken. Aloisius verständigt sich auf Nama mit den Trackern und drückt Sekunden später aufs Gas.

Er teilt uns mit, dass die Tracker ein weiteres Nashorn ausgemacht haben. Nach einer 15-minütigen Fahrt treffen wir wieder auf die Fährtensucher. Und es geht erneut los. Wir steigen aus dem Auto und machen uns auf den Weg in Richtung Nashorn. Dieses Mal müssen wir nicht so weit gehen, denn das Nashorn steht nur etwa 500 Meter von unserem Fahrzeug entfernt rechts neben einem großen Gebüsch uns wendet uns seine Rückseite zu. Schnell werden die Fotoapparate gezückt und es wird fotografiert was das Zeug hält.

Nach etwa 5 Minuten wird es dem Nashornbullen jedoch zu bunt und er geht mit gemächlichen Schritten hinter das Gebüsch. Ob er uns wohl gewittert hat? So stehen wir nun in etwa 90 Meter Entfernung und warten was geschieht. Doch da, wie in Zeitlupe schiebt sich das Horn des Nashorns auf der linken Seite des Busches hervor – dann der Kopf, dann der Buckel und schließlich der Rest des Dickhäuters. 

Neugierig blickt er in unsere Richtung. Ob er uns wohl gesehen hat? Vermutlich nicht, doch ich bin mir sicher, dass er spürt, dass jemand da ist, dass ihn jemand beobachtet. Nach 10 Minuten treten wir den Rückzug an und lassen das Nashorn wieder allein, schließlich soll es keinem unnötigen Stress ausgesetzt werden. 

Wieder am Auto füllen die Tracker wieder ihren Erfassungsbogen aus. Ich erfahre, dass es sich bei diesem Spitzmaulnashorn um den Bullen „Get Away“ handelt. Und der Name ist hier Programm, so die Tracker. „Get Away“ ist sehr schwer zu finden und zu beobachten, weil er immer gerne reiß aus nimmt. Sehr gespannt war ich dann allerdings auf die Einteilung in die entsprechende Gewichtsklasse. Mit Genugtuung nahm ich zur Kenntnis, dass auch „Get Away“ als „fette“ vier eingestuft wurde. Ausgleichende Gerechtigkeit nenn ich das.

Mit Einbruch der Dunkelheit kommen wir schließlich wieder im Camp an und werden vom Campmanager Ignatius herzlich begrüßt. Für uns steht schnell fest, dass wir nach einer knapp 12-stündigen Rhino Suche jetzt unbedingt eine ausgiebige Dusche benötigen. Wir fühlen uns wie neu geboren, als wir uns gegen 19:30 Uhr am Lagerfeuer vor dem Hauptzelt einfinden und die Erlebnisse des Tages mit den anderen Gästen und Guides teilten. 

Das Dinner wird dann anschließend gemeinsam mit dem Campmanager und den Guides am Familientisch eingenommen. Schnell entsteht wieder diese entspannte familiäre Atmosphäre und es wird viel gelacht und gescherzt. 

Viel zu schnell jedoch geht dieser Abend wieder zu Ende. Ich gönne mir noch fünf Minuten auf der Terrasse unseres Chalets und blicke in den Himmel. 

Die Sterne stehen klar und zu tausenden dort oben. Die weite Savanne verströmt ihren aromatischen Duft, der Wind weht die Geräusche der afrikanischen Nacht herbei. Das ist das Desert Rhino Camp, das ist das Damaraland, das ist einfach nur ganz weit weg vom Rest der Welt. Und ich bin glücklich und dankbar, daß ich hier sein darf!

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