DER TRAUM EINER SAFARI
SPANNENDE TAGE IM OKAVANGO DELTA
Jeder, der sich für Safari interessiert, den packt irgendwann die Neugierde, das so hochgepriesene Botswana zu erkunden und wer einmal dort war, möchte immer wieder hin. In den Chobe Nationalpark mit über 100.000 Elefanten reisen viele Touristen, da die Nähe zu den Viktoria Fällen einladend ist. Aber wie viele haben das Glück, in das Herz von Botswana vorzustoßen, z.B. mitten in das Okavango Delta?
Es ist Februar, der Buschflieger summt eintönig ruhig und eröffnet unter sich diesen unglaublichen Blick auf das Okavango Delta. Wasserarme wechseln sich mit kleinen Landzungen und Inseln ab. Dort stehen die Elefanten am Wasser, hier sehen die Rücken der Flusspferde im Wasser aus wie ein Streuselkuchen. Ein paar Giraffen versuchen, sich im Schatte zu verstecken. Der Blick ist einfach faszinierend, immer wieder ändert sich die Landschaft, trocken, Wasser, trocken… Zu trocken ist es im Moment. Selten waren die Wasserarme so schmal, die trockenen Landschaften so großflächig.
Die Reise führt in eine eher als Wassercamp bekannte Lodge: Xaranna, berühmt für Mokorofahrten und wunderschöne Bootsfahrten neben klassischer Wildbeobachtungsfahrt im Auto. Die Vorwarnung, es sei sehr trocken, war kommuniziert, aber beim Blick aus dem Buschflieger wird es wirklich bewusst. Der Buschflieger setzt auf der kleinen staubigen Piste auf, wie immer ist das Gepäck schnell ein- und ausgeladen und der Buschflieger verabschiedet sich am Horizont. Mitten im Okavango Delta! Weit ab von jeder Zivilisation! Mitten in der Natur! Tief durchatmen!
Xaranna liegt wunderschön an einem Wasserarm. Die Einrichtung ist purer natürlicher Luxus, wirklich modernes Design mit hellen Farben. Doch das Team ist die Krönung, unheimlich freundlich, aufeinander abgestimmt und selbst mit viel Freude bei der täglichen Arbeit. Und es ist berühmt für Wasseraktivitäten… Es ist jedoch so trocken, dass selbst die Mokoros in der Sonne ausharren. Der Kanal etwas weiter entfernt hat noch ein bisschen Wasser und lockt ein paar Moorantilopen an. Doch die erfahrenen Safariführer berichten, so trocken war es seit 10 Jahren nicht mehr. Kanäle, die noch nie trocken waren, führen plötzlich kein Wasser mehr. Also heißt es statt Wasseraktivitäten klassische Wildbeobachtungsfahrt im Auto.
Mit unserem Spurenleser und unserem Safariführer geht es in den afrikanischen Busch. Wir möchten uns auf die Suche nach den Nashörnern begeben, die bereits mit dem Project „Rhinos without borders“ von Südafrika in den sicheren Hafen nach Botswana transferiert werden. Wir fahren und suchen, horchen in die Geräusche des Busches, steigen aus, deuten Spuren, fahren weiter… Doch die Nashörner wollen sich uns heute nicht präsentieren.
Bei einer Rast hören wir Löwen brüllen. Der Guide meint, die Löwen seien ziemlich weit weg, wirklich weit weg, aber wir könnten es probieren. Alle Gäste schauen sich an und nicken, auf geht es. Wir fahren und holpern quer buscheinwärts. Ab und zu lässt sich ein Tier blicken. Die Sonne verliert zunehmend an Kraft. Ob wir es zu den Löwen schaffen und sie dann auch noch finden? Die Richtung führt uns quer durch den afrikanischen Busch, trockenes Gras, ein paar Bäume weit und breit. Wie der Tracker und der Guide die Orientierung behalten? Wir sind uns nicht ganz sicher!
Doch plötzlich aus dem Nichts vor uns ein Löwenrudel mit sieben Löwen. Der Guide weist uns an, so wenig wie möglich Bewegungen im Auto zu vollziehen. Die Löwen sind neugierig, schauen uns tief in die Augen, nähern sich dem Auto mit gewissem Interesse, aber auch mit gewisser Distanz und Respekt. Irgendwie anders als bei vorhergehenden Löwenbeobachtungen. Lange können wir diese stolzen Tiere im absoluten Niemandsland nicht genießen, denn die Sonne sammelt bereits ihre letzten Kräfte für diesen Tag. Und jetzt zurück zum Camp…
Wir sind gefühlt mindestens 20 km off-road gefahren und jetzt beginnt die Dämmerung. Hoffentlich finden wir irgendwie die Richtung! Harte Fahrarbeit und relativ zielstrebig führt der Weg zurück, irgendwann können wir zwei fast zugewachsene Fahrspuren erkennen. Wir sind zurück auf einem „wahren“ Weg. Es ist dunkel. Still sitzen wir im Auto, über uns der unheimlich klare Sternenhimmel, im Kopf der tiefe Blick der Löwen. Irgendwie ist es wie so häufig auf Safari, die Suche und Hoffnung auf eine bestimmte Tierart führt zu einer total anderen. Expect the unexpected!
Im Camp werden wir schon erwartet. Die Guides erzählen der Managerin aufregend von dem Löwenrudel. Wir fragen nach dem Namen des Löwenrudels. Es gibt keinen Namen. Wie es gibt keinen Namen? Viele Löwenrudel in privaten Konzessionen werden doch benannt!?! Jetzt sind wir total überrascht: Das Löwenrudel wurde gerade zum ersten Mal beobachtet. Normalerweise ist zu viel Wasser zwischen dem Camp und dem Gebiet der Nachmittagssafari. Deshalb zeigten die Löwen dieses besondere Verhalten, sie waren nicht an Wildbeobachtungsfahrzeuge gewöhnt und mussten erst einmal den „Eindringling“ einordnen. Alle Gäste sind nunmehr noch mehr beeindruckt. Nicht nur Abenteuer, sondern auch Entdeckergeist! Das traumhafte Dinner ist ein wunderbarer Tagesausklang und schnell schlafen alle tief und fest.
Der nächste Morgen, bereits der letzte Morgen des kurzen Besuches, fängt wie immer sehr zeitig an, das Tageslicht wird langsam stärker. Es ist noch etwas kühl, auch wenn erahnt werden kann, dass es heute warm wird. Am Lagerfeuer lockt Kaffee, Tee, und eine Kleinigkeit zu essen. Die meisten Gäste nehmen Platz an der Tafel im Essbereich. Doch ich bleibe stehen, hinter mir knistert das Lagerfeuer und vor mir bietet sich einfach ein wunderschöner Anblick, etwas Dunst hängt über den Gräsern, im restlichen Wasser genießen ein paar Moorantilopen die morgendliche Zeit. Der Moment könnte ewig dauern, alles so friedlich.
Unser Guide kommt, mich zu begrüßen. Doch sein zweites Wort ist „Wildhunde“! Ich schaue ihn an und weiß im ersten Moment nicht, ob ich noch zu verschlafen bin oder wirklich etwas passiert. Er sieht meine fragenden Blicke. Er zeigt mit seiner Hand zu den Moorantilopen. Ich laufe, mein Fernglas holen. Eine kurze Information an die anderen Gäste und den weiteren Guide. Alle schauen auf ihren Kaffee und sind sich einig. Alles wird stehen und liegen gelassen und ab in die Fahrzeuge.
Doch Stopp! Direkt zwischen Hauptgebäude und Autos stehen Büffel, einzelne Büffel… an sich schon sehr spannend, aber warum gerade jetzt. Wieder zurück. Sicherheitsabstand. In der Zwischenzeit haben die Mitarbeiter des Camps die Fahrzeuge näher gebracht. So schnell waren alle Gäste noch nie in den Fahrzeugen. Ein kurzer Blick, Kamera eingeschaltet, Einstellung überprüft… So jetzt die große Frage, finden wir die Wildhunde wieder? Vom Platz des Lagerfeuers wird uns die grobe Richtung durchgegeben. Aber zwischen den vielen Büschen und dem Gras die schnellen Wildhunde finden?
Wir streben eine Art Buschinsel an. Schauen, suchen, fahren… Zum Glück ruft einer der größeren Gäste von der oberen Sitzbank des Autos, sie sind bereits hinter uns. Danke! Die Wildhunde sind schnell, so schnell! Alle atmen tief durch. Wir sind in ihrer Nähe. Sie laufen Richtung offener Ebene. Die Guides sagen, dort sind Moorantilopen. Plötzlich gruppieren sich die sechse Wildhunde zu einem Dreieck und legen die Ohren an. Wie eine Armee rennen sie den Moorantilopen entgegen, die sich hauptsächlich an und in einem ca. 15 m großen Wasserloch befinden. Die Safarifahrzeuge haben keinen Moment, um anzuhalten. Die Wildhunde laufen mit einer zu hohen Geschwindigkeit und wir wollen sie auf keinen Fall verlieren. Wir halten jedoch genügend Abstand, um nicht in die Natur einzugreifen. Noch stehen die Moorantilopen ganz entspannt, doch irgendwann schießen die Wildhunde einzeln los.
In allen Richtungen herrscht Bewegung. Einige Moorantilopen suchen Schutz im Wasser, andere rennen davon. Das Leittier der Moorantilopen bleibt einfach stehen und wird auch nicht angegriffen. Die Wildhunde versammeln sich um das Wasserloch. Was machen die Moorantilopen? Im Wasser scheinen sie sicher. Die Wildhunde springen kurz hinein, sind aber auch schnell wieder draußen. Eine nach der anderen Moorantilope entflieht dem Wasser. Auf der Ebene ist es unübersichtlich, überall springen Moorantilopen und Wildhunde dahinter. Wir sitzen mit offenen Augen im Safarifahrzeug.
Der Guide ruft „jetzt“! Eine Moorantilope hat es nicht geschafft. Die Fahrzeuge nähern sich dem Akt. Wildhunde sind brutale Jäger und verspeisen ihre Opfer bei lebendigem Leib. Die Jagd ist spannend zu beobachten. Alles was danach kommt, ist nicht ohne. Es passiert direkt auf der Ebene, das Gras ist niedrig, das Licht steht sehr gut. Mitten vor unseren Augen! Nicht irgendwo zwischen Mopane Bäumen! Die Guides strahlen und wir sind alle fasziniert von dieser Natur, wie grausam sie auch manchmal im Überlebenskampf ist. Wir entdecken einen zweiten Riss der Wildhunde hinter einem Termitenhügel.
Ein erfolgreicher Jagdmorgen für die Wildhunde und eine einmalige Tierbeobachtung für die Gäste! Die überlebenden Moorantilopen grasen in der Zwischenzeit wieder friedlich, gar nicht so weit entfernt, als wäre nichts geschehen.
Die Landschaft wirkt abwechslungsreich, auch wenn trocken, trocken, trocken. Wir gelangen in ein Leopardengebiet und plötzlich sind die Augen und Ohren unseres Trackers und Guides besonders geschärft. Frische Leopardenspuren auf dem Pfad! Sehr frische! Wir folgen ihnen, verlieren sie, finden sie wieder, verlieren sie, steigen vorsichtig aus und weiter geht es. Der Tracker und der Guide sind sich sicher: Der Leopard muss hier in der Buschinsel liegen. Die Spuren führen hinein, aber an keiner Stelle hinaus. Fast im Zentimetertakt umkreisen wir die Insel, fahren ein Stück hinein. Kein Lebenszeichen! Der Tracker und der Guide diskutieren ganz leise wieder. Wir umkreisen noch einmal die Insel. Der Leopard MUSS hier sein, aber er hat eine zugute Tarnung. Wir können ihn nicht entdecken. Dies wäre wahrscheinlich auch zu viel des Guten an diesem Morgen. Unsere Fahrt setzen wir fort.
Doch wer denkt, dass der Guide und der Tracker jetzt ihre Motivation reduziert hätten, (nach einer Wildhundejagd wäre es nicht zu verübeln,) der hat weit gefehlt. Es macht einfach so viel Spaß, mit den beiden durch den Busch zu reisen. Diese Passion für die Wildnis, dieses Feingefühl und dieses Wissen! Der Tracker weist in den Himmel, große Vögel, Geier, ziehen auffällig ihre Bahnen. Die Vermutung liegt nahe, der Leopard hat etwas gerissen. Doch wir alle schauen nicht schlecht, was sich unseren Augen im Gras präsentiert. Eine Python!
Eine Python mit einem gerade erlegten Impala! Was für ein Morgen! In Xaranna! Die Python ist sehr vorsichtig. Sie muss sich einen sicheren Platz suchen, bevor sie das Impala verschlingt, denn danach ist sie erst einmal bewegungsunfähig. Sobald wir uns im Auto nur einen Hauch bewegen, ist sie nervös und verfällt in eine Starre. Irgendwann greift sie mit ihrem Gebiss in die Schnauze des Impalas, richtet sich mit dem mittleren Teil ihres Körpers auf und zieht so den Impala weiter in das höhere Gras. Stück für Stück. Sehr umsichtig! Dann passiert nichts.
Wir warten und warten! Wann ergibt sich die Gelegenheit, eine schlingende Python zu sehen? Doch sie ist extrem vorsichtig. Nach 1,5 Stunden hat sich nichts getan. Es wird warm und der Buschflieger wartet leider nicht. Schweren Herzens heißt es Abschied nehmen von einer einmaligen Beobachtung, die wahrscheinlich keine Wiederholung erfährt. Tief beeindruckt und still geht die Fahrt Richtung Camp.
Doch das morgendliche bzw. in der Zwischenzeit mittägliche Überraschungspaket hält noch etwas bereit: ein Busch-Brunch! Frische Säfte, frische Eierspeisen, frisches Brot und vieles mehr... Jetzt macht sich auch der Magen bemerkbar. Der Morgen war lang und das Starterfrühstück kurz. Expect the unexpected! Erwarte das Unerwartete in der allerbesten Ausführung!
Natur ist so wenig planbar und so überraschend. Zurück im Camp sind nur wenige Minuten Zeit, bevor es in Richtung Buschflieger geht und es hat sich herumgesprochen: ein außergewöhnlicher Morgen. Ich möchte von den Wildhunden erzählen, doch alle meinen, diese würde nicht so selten hier vorkommen, die Python wäre viel, viel spannender. Alle wollen die aufregenden Fotos sehen.
Später sitze ich im Flieger und kann den Morgen immer noch kaum begreifen. Eine schöne Mokorofahrt sollte das Highlight werden und jetzt dieser Morgen. Ein Morgen für die Ewigkeit!