LEOPARDEN-HYPNOSE
EIN ERLEBNISBERICHT
Frage: Wie passt das zusammen?
Windhoek, Kalahari, Fish River Canyon, Lüderitz, Namib Wüste, Swakopmund, Damaraland, Kaokoveld, Etosha Nationalpark, Caprivi, Waterberg. Selbstfahren, Wandern, Wüsten erleben, Fotografieren, Reiten, Geschichte erleben, Robbenkolonien besuchen, Geisterstadt, UNESCO Weltkulturerbe, Swimmingpool, Ballonfahrt, Safari, Safari, Safari, Bootsfahrt, Sundowner, grandiose Landschaften. Abenteuer, gute Straßen, schlechte Straßen, gar keine Straßen, hervorragend Essen und Trinken, Genießen, Relaxen, Abwechslung, Spannung, unvergessliche Erlebnisse…
Antwort: Perfekt. Das alles und unendlich viel mehr findet man in Namibia!
… mit Pfingstferien, 14 Tage, 1 Allradfahrzeug, 1 Erwachsener und 1 achtjähriges Kind. Antwort: Überhaupt und absolut gar nicht!
Nach unserem ersten Sohn-Vater-Afrika-Erlebnis in Südafrika, war in den Pfingstferien Namibia das Ziel unseres nächsten großen Abenteuers. Der Zeitpunkt meiner Meinung nach fast ideal – vor der Hauptreisezeit und weit nach den extrem heißen Monaten des Jahresanfangs. Das Land wahrscheinlich schon karg genug für viele Tierbeobachtungen und die Schotterpisten schön hart, staubig und relativ gut zu fahren.
Und dennoch: bei der Vorbereitung gilt es, aus den gefühlt hunderttausend Möglichkeiten und Wunscherlebnissen eine schöne Route zu kombinieren, die weder den Fahrer stresst, noch den kleinen Beifahrer überfordert oder langweilt. Meiner Erfahrung nach ist hier definitiv Weniger Mehr und es gilt, die riesige Wunschliste auf ein sinnvolles und wirklich machbares Maß zu reduzieren… Und dann warten ein tolles Abenteuer, Genuss und unvergessliche Erlebnisse (andernfalls drohen Zeitdruck, Reisestress und mit überhöhter Geschwindigkeit und viel Pech auch mehr Ungemach). Das gilt übrigens ziemlich sicher für die allermeisten Namibiareisen, egal ob mit oder ohne Kind.
ERONGOGEBIRGE UND DAMARALAND
Wir haben uns mit unserer Reiseroute auf den Norden des Landes konzentriert und so stand unsere Reise unter der „Überschrift“ Wildnis und Tiere… der erste Teil unserer Reise ging in die traumhaften Landschaften des Erongogebirges und des Damaralands, die ich bereits auf meiner ersten Namibiareise ausführlich erlebt habe. Auf einigen kurzen und ein paar langen Etappen ging es von Windhoek zunächst über die malerischen Wander-Landschaften des Erongogebirges und dann in die herrliche Wildnis des nördlichen Damaralands und der Khowaribschlucht. Für mich finden sich hier die mitunter faszinierendsten Landschaften Afrikas mit mächtigen Tafelbergen, schroffen Schluchten, Canyons und endlos weiten Ebenen.
ETOSHA NATIONALPARK
eiter führte die Route über den Grootberg Pass aus dem Damara-Hochland hinab in den westlichen Etosha. Da die Regenzeit fast ausgefallen war und das Land schon früh im Jahr sehr trocken und staubig gewesen ist, hat sich an den vielen Wasserstellen fast die ganze afrikanische Tierwelt versammelt… und die Augen meines Sohnes werden immer größer und er ist einen kompletten Tag vom frühen Morgen bis zum Nachmittag damit beschäftigt Tiere mit seinem Tierführer zu bestimmen und zu zählen (68 Elefanten, 4 Nashörner, 428 Zebras, 325 Gnus, 44 Giraffen – eine davon stattet uns am Pool unserer Lodge einen Besuch ab, 39 Kuhantilopen und gefühlte Tausend Warzenschweine...). Nur Raubkatzen sehen wir bei unserer Durchquerung des Etosha Nationalparks noch nicht. Aber dann…
OKONJIMA WILDSCHUTZGEBIET
Es ist fast noch mitten in der Nacht. Am Horizont kann man das heraufziehende Morgenrot gerade einmal erahnen und es ist bitterkalt. Eingemummelt in warme Jacken und einen Windponcho sitzen wir auf dem offenen Allradfahrzeug und versuchen zu verstehen, wie der Guide es schafft, aus dem Piepen des Peilempfängers die Richtung und Entfernung der Raubkatze auszumachen. Langsam arbeitet sich das schwere Fahrzeug durch das dichte Buschland des Okonjima Wildschutzgebiets südlich von Otjiwarongo. Es quietscht, die dornigen Akazien zerren am Verdeck und wir steigen immer wieder ab, um mit Spaten und Axt, den Weg frei zu machen.
Langsam wird das Signal stärker und der Guide lässt mich nicht mehr vom Fahrzeug um meinem heldenhaften Kampf gegen die Akazien zu führen. Stattdessen wird die Sache kribbelig. Wir sind auf der Funkspur eines gestandenen, älteren Leoparden, der in diesem Teil des 22.000 Hektar großen Schutzgebiets seit Jahren erfolgreich sein Revier behauptet. Mein Sohn hört auf den Guide und rutscht näher an mich heran, um gemeinsam mit mir und dem Wagen zu einem großen, lauten Etwas zu verschmelzen, von dem man sich auch als 85 Kilo schweres Muskelpaket fernhält.
Es ist inzwischen hell und die Sonne und das Dickicht der trockenen Gräser und Sträucher bieten dem Tier ein perfektes Versteck. „Er beobachtet uns bestimmt schon“, flüstert mein Sohn mir ins Ohr und es ist ziemlich klar, dass er das abenteuerliche Kribbeln ähnlich genießt wie ich… Wie unglaublich klein und unbedeutend wir sind inmitten der afrikanischen Natur (auch wenn hier überhaupt keine Gefahr für uns droht!) und was für ein unglaubliches Privileg es ist, hier sein und dieses Land erleben zu dürfen. Und dann eine kurze Bewegung im Gras… zunächst erahnt man den Blick des Tieres mehr als man ihn sieht und dann hebt sich langsam der wunderschöne, elegante Körper des Leoparden aus dem Dickicht hervor… Extreme, goldgelbgrünliche Augen und ein hypnotisierender Blick, der – das würde ich immer beschwören – vom ersten Moment an auf mein Kind ruht und ihn nicht mehr los lässt. Keine Gefahr, er ist sicher, wir sind sicher, der Guide ist vollkommen ruhig und dann drücke ich meinen Sohn an mich und gemeinsam genießen wir die „Leoparden-Hypnose“, unseren schnellen Herzschlag und die ganze einmalig spannend-schöne Situation…